Für alle die nicht konsument sondern mensch sein wollen

FÜR ALLE DIE NICHT KONSUMENT SONDERN MENSCH SEIN WOLLEN

Ich bin keine gute Konsumentin. Ich gehe nicht gerne einkaufen. Ich finde es schwer, aus den tausend Dingen auszuwählen, die mir täglich angeboten werden und dabei trotzdem nicht das zu finden was ich suche. Fast immer muss ich mindestens einen Kompromiss eingehen, mit dem ich nicht einverstanden bin: Biolebensmittel sind nicht regional, vegane Sachen sind überteuert und oft in Plastik verpackt, das nachhaltige Möbelstück passt nicht in unsere Wohnung, die Firma deren Produkte ich gut finde produziert mit unfairen Arbeitsbedingungen, das fairtrade T-Shirt gibt es nicht in meiner Größe etc. Nur sehr selten finde ich ein Produkt das wirklich perfekt für mich ist.

So viele Entscheidungen kosten Zeit und Nerven. Am Ende bleibt oft das unbefriedigte Gefühl doch etwas falsch gemacht zu haben. Oder ich kaufe einfach gar nichts! Nur leider ist das auf Dauer nicht sehr realistisch in unserer heutigen Gesellschaft, in der wir komplett auf andere angewiesen sind. Wie konnten wir nur so abhängig und bequem werden?

Am Ende heißt es auch noch, wir wären mit unserem Konsumboykott Schuld daran, dass unsere Wirtschaft schwächelt. Aber nein! Das sollten wir uns als Verbraucher nun wirklich nicht in die Schuhe schieben lassen! Was für eine unsinnige Rechtfertigung für den heutigen rücksichtslosen Konsum, der eine Einbahnstraße ist anstatt ein Kreislauf.

Ohne eine intakte Umwelt gibt es bald auch keine Wirtschaft mehr! Dieses Wirtschaftssystem, das für uns so selbstverständlich ist, ist evolutionstechnisch gesehen eine sehr, sehr neue Erfindung der Menschheit. Es basiert auf der falschen Annahme, dass die Natur dem Menschen als unerschöpfliche, sich ständig erneuernde kostenlose Ressource zur Verfügung steht. Was in den ersten Jahren der industriellen Revolution fälschlicherweise angenommen wurde, kann doch heute nicht immer noch die Grundlage unseres Wirtschaftssystems bilden! Inzwischen wissen wir, dass die Natur nicht nur keineswegs alles schluckt, was wir ihr an Abfällen und Schadstoffen überlassen, sondern dass wir, als Teil der Natur, gegen uns selbst agieren.

Wir sind keine Konsumenten sondern Menschen

Wir sind zu übersättigt, zu abgelenkt, zu faul und zu resigniert um zu handeln. Ganz im Sinne der momentanen Wirtschaftssituation, blockieren wir uns selbst. Es macht einfach keinen Sinn, das falsche System optimieren zu wollen. Wir stoßen daher genervt an unsere Grenzen, solange wir versuchen innerhalb des etablierten, veralteten Systems zu handeln. Alle unsere Handlungen können lediglich eine Übergangslösung bilden, die aber sehr wichtig ist damit wir Zeit gewinnen.

Als Menschen sind wir zwar nicht perfekt, aber wir können selbst denken. Wir können uns befreien von den Zwängen der Wirtschaft, dem „Haben wollen“, der Messung unseres Wertes anhand von Verdienst und Besitz und dem Gedanken nur das kleinste Übel wählen zu können.

Konsum kann auch gut sein

Man bedenke nur Kooperativen zwischen Bio-Landwirtschaftsbetrieben und Direktabnehmern gesunder Lebensmittel oder den Ansatz, alle unsere Produkte nach dem Cradle to Cradle Prinzip (ein gutes Thema für einen zukünftigen Blogbeitrag) herzustellen, so wie es uns die Natur vormacht. Ja, das ganze Tier- und Pflanzenreich funktioniert nach dem Kreislaufprinzip. Wir Menschen sind auch Teil der Natur.

Witzig, traurig und irgendwie lächerlich, dass es für uns heute als schwierig zu erreichende Zukunftsmusik klingt, zu den Ursprüngen des Kreislaufsystems zurückzukehren. Sicher, unsere Gegenstände sind komplexer geworden und wir möchten sie nicht alle aufgeben. Das brauchen wir auch nicht wenn wir sie neu überdenken. Wir Menschen haben es geschafft zum Mond zu fliegen, da sollten wir es doch schaffen Alltagsgegenstände menschen- und umweltverträglich zu konzipieren und saubere Nahrung und Wasser für alle zur Verfügung zu stellen.

Weniger reden mehr machen

  • Unsere Faulheit kann unglaublich wirksam sein wenn wir sie richtig einsetzen. Mache dir umweltschädliche Praktiken absichtlich schwer und gute hingegen so leicht wie möglich. Es ist zum Beispiel schwierig sich in einem Laden voll von konventionellen, verführerisch-gewohnten und billigen Produkten für Nachhaltigkeit zu entscheiden. Geh deshalb einfach dort einkaufen wo du eine bessere Wahl hast, wie im Bioladen oder auf dem Markt oder bestelle zum Beispiel eine wöchentliche Obst- und Gemüsekiste zu dir nach Hause.
  • Kaufe kein schlechtes Produkt zweimal. Wenn etwas kaputt geht, belohne den Hersteller nicht auch noch dafür indem du sein Produkt erneut kaufst. Probiere erstmal aus, ob du auch ohne den Gegenstand auskommt. Meist ist der Fall damit schon erledigt. Wenn nicht, kaufe dir ein gebrauchtes oder neues Produkt das wirklich gut ist und spare dir Kosten und Zeit in der Zukunft. Mache ggf. nach dem Kauf ein Foto vom Gegenstand, so dass du dir Marke und Preis merken kannst.
  • Obwohl es zeitaufwändiger ist mache ich mir gerne Gedanken darüber, welche Produkte ich kaufe und wen ich damit unterstütze. Es ist mir wichtig und man kann seine Zeit auch weit weniger sinnvoll nutzen. Produkte die ich für gut befunden habe kaufe ich dann immer wieder – ohne Zeitaufwand und ohne schlechtes Gewissen, was nicht bedeutet, dass ich sie nicht von Zeit zu Zeit wieder neu überdenke.
  • Du hast keine Lust Produktlabels zu lesen? Kaufe einfach die Produkte mit den wenigsten Inhaltsstoffen – oder noch besser Sachen ohne Label – vor allem was Lebensmittel angeht. Besonders von Produkten, die mit bunten Bildern darüber hinwegzutäuschen versuchen was das Produkt beinhaltet, oder auf denen intransparente Angaben stehen, lasse ich einfach die Finger.
  • Die meisten Menschen sind keine Egoisten, sondern wissen es nur nicht besser, glauben keine Wahl zu haben oder keinen Unterschied bewirken zu können. Führe dir deine Wahl bildlich vor Augen: Wenn ich Produkt X kaufe und es somit nachproduziert werden muss, was bewirkt das auf der Welt? Und will ich das mit meiner Entscheidung unterstützen oder verhindern?
  • Wenn wir alles kaufen können wo bleibt da noch der Reiz? Lieber spare ich auf ein gutes Produkt das ich brauche und wertschätze. Auf lange Sicht spare ich mir dabei sogar Geld und gebe besser auf die Sachen acht, die ich besitze. Gute Sachen sind zudem eine Investition in Dinge die man nicht mit Geld kaufen kann wie Gesundheit, soziale Kontakte und eine intakte Umwelt.
  • Zu sehr schwarz-weiß zu denken hindert uns in unserer Handlungsfähigkeit. Es ist schön, Hersteller auch mal dabei zu erwischen wie sie etwas richtig machen und sie dabei zu ermutigen. Wenn ich bei Produzenten den Grund erfrage, warum manches noch nicht umgesetzt wird, kann ich gleich viel besser verstehen, warum etwas noch nicht so auf dem Markt zu finden ist wie ich es gerne hätte. Wir müssen nicht nur das sehen was schief läuft, sondern auch die Fortschritte es besser zu machen. So können wir dazu beitragen sie weiterentwickeln anstatt den Kopf in den Sand zu stecken.
  • Sind unsere Ansprüche überhaupt realistisch? Noch nie war das Leben für uns so bequem wie heute. Vielleicht ist es an der Zeit zu überdenken, welchen Preis dieses bequeme Leben für die Umwelt, aber auch für uns Menschen hat? Wenn wir ehrlich nachdenken merken wir, dass wir bei der Art und Weise wie wir jetzt leben auf Vieles verzichten, das weitaus grundlegender ist als die Dinge oder Freizeitaktivitäten, mit denen wir versuchen dieses Loch zu füllen.

Dich interessiert welche Dinge ich im Alltag kaufe? Meinen persönlichen Einkaufsguide findest du hier.

Welche Tipps hast du um beim Konsumieren Mensch zu bleiben?