MINIMALISMUS VS. RIGHTSIZING

Minimalismus ist für mich eine tolle Quelle der Inspiration, konnte mich im Alltag allerdings nie restlos überzeugen. Ich war mir oft unschlüssig, ob ich Dinge weggeben soll, die ich nur selten benutze, ob ich meine Besitztümer an einer Zahl festmachen möchte und ob ich manches zu schnell entsorge, worüber ich mich später doch ärgere, weil ich es mir wieder kaufen muss, was letztendlich zu Lasten der Umwelt und meines Geldbeutels geht.

Oft war ich unzufrieden, weil das Ideal, das ich in meinem Kopf herumtrug, für mich praktisch nicht erreichbar war. Was für den einen gut funktionieren mag, funktioniert für den anderen überhaupt nicht. Das Leben dehnt sich aus und vereinfacht sich wieder, je nach Lebensabschnitt. Als Teenager müssen wir Dinge ausprobieren, wenn wir ausziehen und auf eigenen Beinen stehen müssen wir herausfinden was wir alles brauchen und gründen wir später vielleicht eine eigene Familie benötigen wir nochmal andere Sachen. Manchmal brauchen wir sehr wenig und manchmal eben mehr.

Obwohl ich begeistert mit ziemlich wenig Dingen lebe, finde ich das Bild, das der Minimalismus schafft zu dogmatisch. Er steht für mich eher im scharfen Gegensatz zur heutigen Überflussgesellschaft, als Kritik, vielleicht sogar als Provokation. Für die allermeisten von uns ist er eine Herausforderung – an der wir leider oft scheitern. Nichts von alldem ist falsch – ich fand ihn nur immer ziemlich anstrengend, den Minimalismus. Ich möchte nicht mit meinen Sachen auskommen müssen, sondern genau so viel bzw. wenig haben wie ich für mich persönlich als nötig erachte.

minimalismus vs. rightsizing

Rightsizing

Als ich das erste Mal den Begriff „Rightsizing“ aufgeschnappte, wusste ich sofort: „Das ist es! Das hat mir am Minimalismus immer gefehlt!“

Der Begriff kommt eigentlich aus der Unternehmensberatung und ist hier als beschönigtes Synonym für Downsizing, also Verbrauchsreduzierung, eher mit negativen Assoziationen belegt. Meiner Meinung nach beinhaltet Rightsizing allerdings die entscheidene Komponente: Es steht für Angemessenheit! 

Maß halten ist nicht gleichbedeutend mit Verzicht und ist das, was in unserer Gesellschaft fehlt. Selten hören wir Leute sagen, dass sie genug haben, denn uns wurde antrainiert immer mehr zu wollen. Dadurch hat sich in uns eine grundsätzliche Unzufriedenheit breitgemacht, die völlig unnötig ist und die wir daher versuchen sollen mit unnötigen Dingen aufzufüllen. Dinge sind jedoch kein Ersatz für Menschlichkeit! Unsere mentale und körperliche Gesundheit, Sozialstrukturen und nicht zuletzt die Umwelt fallen ihr zum Opfer, ohne dass wir es merken. Nein, wir sind selbst sogar Teil des Problems! Und auch wenn wir das Problem durchschauen scheinen wir trotzdem keine Wahl zu haben, oder etwa doch? Wir müssen uns nur trauen hinter die Kulissen zu schauen und uns selbst besser kennenzulernen anstatt in die verzerrten Spiegel zu blicken, die uns täglich vorgehalten werden.

Rightsizing ist das individuelle, im Einklang mit uns und unserer Lebensweise stehende Konzept, weder Reichtum noch Armut und für jede Lebensphase geeignet. Rightsizing kann alleine stehen, bildet seinen Kontext mit dem Leben jedes einzelnen von uns. Es erlaubt Wohlstand für alle – simpel und richtig bemessen – ohne schlechtes Gewissen. 

Rightsizing verzeiht so manchen Schnickschnack, der anderen vielleicht unnötig erscheinen mag, rückt unseren Lebensstil aber immer in die Perspektive und stellt uns kontinuierlich die Frage:
„Sind uns die richtigen Dinge wichtig?“