LEBEN AUF KLEINEM FUSS

Vor einigen Jahren passte mein Besitz in zwei Koffer. Wir zogen nach Amerika und verkauften vorher fast alle Möbel und Haushaltsgegenstände. Genauso kamen wir vier Jahre später wieder zurück nach Deutschland: mit vielen Erfahrungen im Gepäck, aber lediglich je zwei Koffern mit Klamotten, Laptop und einigen wenigen Utensilien.

 

Weniger Dinge, weniger Sorgen

Unser Besitz hat uns oft voll im Griff. Manche Menschen ziehen sogar in größere Wohnungen oder Häuser, um alle ihre Besitztümer unterzubekommen.

Seit ich weniger besitze habe ich mehr Vertrauen in mich selbst, in andere und darauf, in jeder Situation eine Lösung zu finden. Ich mache Dinge selbst, habe gelernt mehr zu reparieren und leihe mir gerne Sachen aus, die ich nur temporär benötige und teile mit anderen.

Obwohl ich die Dinge, die ich besitze, lieb gewonnen habe, habe ich keine Angst mehr sie loszulassen. Leichter lässt sich mehr leben.

Leben auf kleinem Fuß - selbstgemachtes Küchenregal

 

Wieviel unserer Lebenszeit tauschen wir für Dinge ein?

Minimalismus bzw. „Rightsizing“ bedeutet für mich ein großes Stück Unabhängigkeit. Reichtum messe ich nicht in Geld oder Besitz, denn Menschen, Erlebnisse und ein sinnerfülltes Leben bereichern meinen Alltag weitaus mehr.

Geld ist ein Tauschmittel für unsere (Arbeits)Zeit und Energie.
Daher überlege ich sehr genau:

  • wie viel mir Dinge wert sind
  • ob ich sie wirklich brauche
  • ob sie mir Freude machen und
  • ob ich sie anschaffen und mich um sie kümmern möchte

Wenn ich bei meiner Drei-Tage-Woche dienstags und mittwochs frei habe, fülle ich die gewonnene Zeit, mit mir persönlich wichtigen Aktivitäten wie Bloggen, ehrenamtlichem Engagement, sozialen Kontakten, Sport und Gärtnern. Momentan genieße ich meine Elternzeit, freue mich aber auch wieder auf meine Arbeit und die Kollegen.

Auch Zeitmangel ist eine Frage der Prioritäten:

Verbringen wir wirklich die meiste Zeit mit den Dingen, die uns am Wichtigsten sind?

Jedes Mal, wenn ich den Staubsauger im Flur in die Steckdose stecke, um damit ohne umzustecken jede Ecke unserer Wohnung zu saugen, lächle ich in mich rein und freue mich über den geringen Aufwand. Weniger Putzen bedeutet schließlich mehr Zeit für anderes.

 

Unser Leben auf kleinem Fuß

Mit 59m² zu dritt liegen wir in Deutschland deutlich unter dem Wohnflächen-Durchschnitt pro Person, weltweit gesehen aber vermutlich einiges darüber. Minimalismus ist eben auch eine Frage der Perspektive.

Als ich letztes Jahr schwanger war, herrschte Chaos in unserer Drei-Zimmer-Innenstadtwohnung. Nicht, weil wir Sachen kauften, sondern weil wir erneut Dinge ausmisteten, um Platz für den Neuankömmling zu machen. Anstatt neue Möbel anzuschaffen nutzten wir die vorhandenen besser.

Das ehemalige Arbeits- und Gästezimmer wartet inzwischen fast unbenutzt darauf, seinen neuen Bewohner zu beherbergen und zum Kinderzimmer umfunktioniert zu werden. Lediglich Lars Klamotten sind schon eingezogen. Ein kleiner, handgemachter Sekretär, den wir über eBay Kleinanzeigen erstanden haben, dient nun im Wohnzimmer als Schreibtisch. Mein frisch gestrichener Rollcontainer aus Schulzeiten, bietet Stauraum für Zubehör und Elektrosachen.

Leben auf kleinem Fuß - Schreibtisch im Wohnzimmer

In unserer Wohnung hat alles seinen Platz. Wir achten darauf, Gegenstände, Möbel und Räume sehr flexibel nutzen zu können.

Das enge Zusammenleben fördert die Kommunikation und Rücksichtnahme. Man lernt sich besser kennen. Und auch der Alltag mit Baby ist ohne Treppen und mit kurzen Wegen leichter. Trotzdem sind wir froh drei separate Zimmer zu haben, um uns manchmal zurückziehen zu können – sicher auch eine Frage der Gewohnheit.

Einen Artikel mit Bildern und Videointerview über unseren „Minimalismus mit Baby“ findet ihr online im Samson Magazin von NN und NZ (nach dem Öffnen runter scrollen).

Ein Radiointerview zum Thema „Vom Glück des richtigen Maßes“ gibt es für ein Jahr auf Bayern 2 zum Nachhören.

 

Freude am Weniger

„Tiny Houses“, „Micro Apartments“, „Low Impact Living“ und „Urban Mining“ faszinieren mich schon eine Weile und passen gut zu einem nachhaltigeren Alltag in unserer modernen, flexiblen Welt.
Im diesjährigen Sommerurlaub dürfen wir eine Woche lang das Leben in einem Bauwagen testen. Darauf bin ich schon sehr gespannt und werde berichten.

Für mich steht fest: Genügsamkeit kann man lernen.
Ich bin zufrieden mit dem was ich habe und achte meine Besitztümer für ihren Nutzen, ihre Ressourcen und Herstellungskunst. Aussortieren macht süchtig und ich will immer mehr Dinge weggeben, die ich nur selten nutze, um die Ressourcen für andere frei zu machen.

Je weniger ich besitze, desto weniger brauche ich.

 

Wie wäre es, wenn du genau so viel besitzen würdest wie du brauchst – nicht mehr und nicht weniger?