FRAGEN AN EINEN VEGANER – TEIL 1

Sobald ich erwähne, dass ich seit einigen Jahren vegan lebe, bekomme ich unweigerlich Fragen gestellt. Ob von Freunden und Familie oder von völlig Fremden, bei der Arbeit, daheim oder im Urlaub, eins steht jedenfalls fest: Das Interesse ist riesig.

Ich möchte dazu beitragen, Gedankengänge anzustoßen, Vorurteile abzubauen und die Kluft zwischen “Veganern“ und “Nichtveganern“ zu überbrücken, die, wie ich finde, unnötigerweise entstanden ist.
Natürlich bin ich auch auf eure Meinungen und Erfahrungen gespannt.

Besonders häufige, interessante oder lustige Fragen beantworte ich daher in meiner fortlaufenden Blogreihe.

Fragen an einen Veganer - Teil 1

Warum keine Eier?

Kaum jemand weiß, dass Hühner eigentlich am Waldrand leben sollten, auf Ästen schlafen, ursprünglich nur um die 20 Eier im Jahr legen und aus Südostasien stammen. Auch heutige Zuchthühner sind nicht nur intelligente Wesen, sondern würden auch nicht täglich ein Ei legen, wenn man sie ihnen nicht ständig wegnehmen würde und sie ihr Gelege daher nie voll bekommen. Die hohe Eierlegrate zehrt an den Kräften und verkürzt die Lebensdauer der Hühner dramatisch. Einen tollen Bericht über die Natur der Hühner und die Beziehung von Mensch und Huhn zeigte Quarks & Co im WDR.
Schon allein der Begriff “Ei“ kaschiert um was es sich eigentlich handelt. Ob sich Hühnermenstruation wirklich so lecker anhört, wage ich zu bezweifeln. Bekannt ist wohl auch, dass die männlichen Küken später mal keine Eier legen und somit kurz nach dem Schlüpfen “entsorgt“ werden müssen – das gilt selbstverständlich auch für die Biohaltung. Nur wenige Initiativen unterstützen die futter-, platz- und zeitintensive Bruderaufzucht, also die Aufzucht der männlichen Küken, die, wenn sie dann groß genug sind – na was? – geschlachtet werden.
Auch gesundheitlich gesehen wirkt sich der Verzehr von Eiern negativ aus. Es wird sogar der Vergleich angestellt, dass der Konsum von Eiern und tierischem Eiweis im Allgemeinen, ähnlich schädlich für die Blutgefäße ist wie Rauchen, denn er fördert die Bildung von Plaque und somit das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko.
Die Dosis macht das Gift. Leider sind Eier in vielen Produkten versteckt, bei denen wir es nicht erwarten würden. Viele Menschen konsumieren daher weit mehr Eier als ihnen bewusst ist. Eier sind dabei meist nicht einmal nötig, machen aber die Verarbeitung einfacher und billiger wie zum Beispiel bei Nudeln, Soßen oder Gebäck.
Eier wegzulassen war für mich persönlich die schwierigste Umstellung als ich vegan wurde. Für das Ei an sich gibt es keinen pflanzlichen “Ersatz“. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass bei einer so großen Auswahl an Nahrungsmitteln, Eier wirklich nur ein so geringer Bruchteil sind, dass ich einfach etwas anderes essen kann.

 

Aus Eiern kann theoretisch ja noch Leben entstehen, aber warum keine Milch?

Viele Menschen verdrängen, dass jede Kuh einmal im Jahr ein Kalb bekommen muss, um überhaupt Milch zu geben. Genauso wie mit den männlichen Küken, verhält es sich demnach auch mit den männlichen Kälbchen: Sie werden “entsorgt“ oder nach ein paar Wochen Aufzucht geschlachtet. Ebenso ergeht es auch der Mutterkuh, wenn sie nach ca. 3-5 Jahren nicht mehr rentabel ist. Zudem erleben Mutter und Kind ein Trauma, wenn sie gleich nach der Geburt getrennt werden und noch tagelang erfolglos nacheinander rufen. Übertragen auf uns Menschen gesehen, erscheint dieses Vorgehen logischerweise sehr grausam.
Abgesehen von den schlechten Verhältnissen, der Zwangsschwangerschaft, der Umweltverschmutzung durch Methan und Gülle, den enormen Futtermengen, den Verunreinigungen (Blut, Eiter, Keime) in der Milch, die durch das Abkochen zwar unschädlich gemacht werden aber dennoch in der Milch verbleiben, Antibiotikumzugabe und anderen “ganz normalen“ Praktiken der Milchindustrie, befinden sich in der Muttermilch der Kuh natürliche(!) Wachstumshormone, die ein Kälbchen in kurzer Zeit zur 800 Kilo Kuh heranwachsen lassen. Dass dieser Hormoncocktail, der sich selbstverständlich auch in Biomilch von grasgefütterten “Glückskühen“ befindet, für Menschen nicht gesund sein kann, leuchtet sicher jedem nach kurzer Überlegung ein. Milch fördert nur ein Wachstum im menschlichen Körper und das sind Fett- und Krebszellen. Nicht umsonst steigt die Krebsrate proportional zum durchschnittlichen Milchkonsum eines Landes.
Auch das einzige Argument für Milch, nämlich die hohe Kalziumzufuhr, ist inzwischen widerlegt. Zwar enthält Milch viel Kalzium, aber eben auch viel tierisches Protein und Phosphate, die den Körper übersäuern. Um die Übersäuerung zu neutralisieren, löst unser Körper das zusätzliche Kalzium, das zum Ausgleich benötigt wird, aus den Knochen. Es entsteht Osteoporose. Durch den besonders hohen Proteinanteil ist die fettarme Milch sogar noch ungesünder.
Das Casein in der Milch ist zudem nicht nur häufiger Auslöser für Milchallergien, sondern wirkt auf den Körper auch wie ein Suchtmittel, weshalb es in der Tat so schwer ist von Käse und Milchprodukten “loszukommen“. Der Milchzucker ist hingegen verantwortlich, wenn es um Laktoseintoleranz geht.
Milch ist ein Thema, bei dem wir Menschen das Hinterfragen verlernt haben. Wie absurd es eigentlich ist Kuhmilch zu trinken, sehen wir daran, dass wir sicher auch keine Hundemilch, Affenmilch oder Mäusemilch trinken möchten. Kein anderes Lebewesen auf der Welt trinkt Milch einer anderen Spezies oder konsumiert sie noch nach dem Säuglingsalter. Die Fähigkeit und das nötige Enzym Milch zu verdauen, lässt im Erwachsenenalter nach, weshalb viele Menschen sinnigerweise als junge Erwachsene laktoseintolerant werden.
Grünes Blattgemüse und Hülsenfrüchte führen dem Körper sauberes, günstiges, gut verwertbares und ethisch vertretbares Kalzium zu und brauchen dabei weder Marketing noch Lobbyismus als Hilfsmittel.

 

Warum trinkst du dann Alkohol wenn du weißt, dass er schlecht für dich ist?

Ja, ich trinke Alkohol – aber nicht mehrmals täglich. In meinem Fall sogar nur sehr selten. Oft trinke ich mehrere Monate lang überhaupt nichts Alkoholisches.
Jetzt kann man natürlich – so wie mein damaliges Gegenüber – argumentieren, dass der seltene und geringe Konsum tierischer Produkte dann auch nicht schädlich ist. Dabei gebe ich ihm sogar recht, wenn man bedenkt, dass die Menschen früher, als es nur einmal in der Woche ein Stückchen Fleisch gab, deswegen auch keine gesundheitlichen und umwelttechnischen Probleme hatten. Trotzdem fühle ich mich persönlich inzwischen einfach unwohl, ein totes Stück Tier in meinem Körper zu haben. Für Alkohol muss im Allgemeinen kein Lebewesen sterben und ich schade nur mir selbst.

 

100% vegan, geht das überhaupt?

Jein. Mir geht es zunächst einmal darum, die beste Wahl zu treffen. Ich bin zwar schon eher kleinlich, was zum Beispiel die Zugabe von tierischen Spurenelementen bei Produkten angeht die ich kaufe, verurteile aber niemanden, der es gelassener nimmt. Wenn ich im Restaurant versehentlich doch mal Käsewürfel auf meinem Salat bekomme, schiebe ich sie wenn möglich zur Seite, denn ich finde es schade das Essen zu verschwenden und zurückgehen zu lassen. Mir ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise wichtiger, als auf strikten “Regeln“ (die sich eigentlich sowieso jeder selbst macht) zu beharren. Bei der Ernährung finde ich es leicht, gänzlich auf tierische Produkte zu verzichten. Wesentlich schwieriger wird es da schon bei Kleidung, Möbeln, Medikamenten oder anderen Dingen des täglichen Lebens. Zudem ist Plastik beispielsweise vegan (wobei Erdöl an sich ja auch aus Lebewesen entstanden ist ;)) aber sicher auch keine gute Lösung für Umwelt und Gesundheit.

 

Warum trägst du als Veganer Lederschuhe?

In meinem Fall liegt das weniger an Inkonsequenz, als daran, dass ich meine Lederschuhe schon lange hatte, bevor ich vegan wurde. Ich finde es ökologisch nicht sinnvoll, sie jetzt wegzuwerfen und mir stattdessen neue Schuhe ohne Leder zu kaufen. Ich denke auch, dass viele Veganer das genauso handhaben wie ich und dadurch ziemlich viel Verwirrung in der Öffentlichkeit entsteht. Um die Verwirrung perfekt zu machen, gibt es zudem noch täuschend “echte“ Lederimitate.
Ich habe jedenfalls vor, meine alten Schuhe, Second Hand Lederhandtasche und Gürtel zu tragen, bis sie kaputt gehen und dann eine bessere Lösung zu finden. Natürlich ist es im Gegensatz dazu auch völlig OK, wenn du als Veganer deine Ledersachen verkaufst, verschenkst oder spendest, weil du sie nicht mehr tragen möchtest.

 

Würdest du Fleisch essen bevor du verhungerst?

Ja. Aber auch Baumrinde, Gras, Insekten…

 

Habt ihr Fragen, Antworten, Anregungen, Geschichten oder ein Thema, das euch besonders interessiert?  Hinterlasst uns einfach einen Kommentar zur Diskussion oder zum Aufgreifen im nächsten Teil.

Hier findet ihr außerdem unsere veganen Starttipps und wie ihr auf Dauer erfolgreich vegan leben könnt.