gestapelte handys

NACHHALTIGKEIT BEIM HANDYKAUF UND -VERTRAG

Es scheint, dass ich nicht einmal mehr einen Handyvertrag abschließen kann, ohne lang und breit über Nachhaltigkeit zu diskutieren. Der engagierte Verkäufer wollte mir nämlich gleich noch das neueste Handymodell raufhängen. Er meinte, durch die vielen Ermäßigungen sei das Handy praktisch geschenkt. Wenn ich es nicht nutzen will, sollte ich es doch einfach verkaufen und dabei auch noch Gewinn machen. Unverständnis machte sich in seinem Gesicht breit, als ich ihm sagte, dass ich mein “altes“ gebraucht gekauftes Handy dennoch behalten möchte.

Ressourcenverbrauch und seltene Erden

Der Rohstoffverbrauch und die Problematik um den Abbau der seltenen Erden (Umweltzerstörung, Ausbeutung und Erkrankung der Menschen beim Abbau und in der Region, wirtschaftliche Machtkämpfe) waren dem Verkäufer sogar geläufig. Sie waren ihm nur egal: „Wenn die Welt schon zugrunde geht, hatte ich wenigstens etwas davon.“

Auch wenn der Kauf eines Handys mehr oder weniger die direkte Produktion nicht sofort verändert, setzt es doch Impulse an unsere Mitmenschen und an die Wirtschaft. Genau wie beim Kauf von Biolebensmitteln, muss einer einfach mal den Anfang machen. Wenn immer mehr Menschen nachziehen und die Nachfrage einbricht, macht die Summe der Handys die weniger produziert werden müssen nämlich doch einen riesigen Unterschied.

Mir ist es jedenfalls nicht egal, ob oder wann die Welt zugrunde geht und ich kann es erst recht nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, den Prozess absichtlich zu beschleunigen. Genau das ist es aber, was wir in unserem Wirtschaftssystem anerzogen bekommen: Dass wir außer an unseren Geldbeutel und unseren eigenen Vorteil sonst an nichts und niemand anderen denken. Ich habe allerdings das Gefühl, dass genau wie ich, immer mehr Menschen eben doch aufwachen und sich mehr Gedanken machen als der Wirtschaft lieb ist.

Neueste Funktionen

Ich war mit meinem Handy sehr zufrieden – bis ich in den Laden ging und gesagt bekommen habe, dass die Funktionen doch schon wieder veraltet sind. Es gibt viel bessere Kameras, schnellere Betriebssysteme, neue Apps etc. … und schon war ich mit meinem “alten“ Handy unzufrieden: „Wenn du erstmal das neue Handy mit all den neuen Funktionen hättest, würdest du es nicht mehr eintauschen wollen. Mit deinem alten Handy bist du doch jetzt schon zwei Generationen hinterher!“ tönte der Verkäufer.

Als ich nach kurzem Überlegen den aufkeimenden Wunsch nach dem neuen, vermeintlich besseren Produkt überwunden hatte, kam ich zu dem Schluss, dass ich die nächsten Handygenerationen auch überspringen werde, bis mein Gerät tatsächlich kaputt geht.

Zuhause habe ich meine Kamera mit der von Daniels relativ neuem Arbeitshandy verglichen und wir stellten fest, dass die Bilder beim Betrachten auf dem PC fast die gleiche Qualität haben, dass sie aber von den Handydisplays unterschiedlich wiedergeben werden, wobei sein neueres Handy einfach eine bessere Auflösung hat. Aha, ein ganz anderer Trick also.

Zurück in die Steinzeit?

Könntet ihr komplett auf euer Smartphone verzichten? Ich denke im Sinne der Lebensnotwendigkeit könnten wir das sicher alle! Aber Handys sind zu einem essenziellen Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens geworden.

Ich möchte den technischen Fortschritt sicher nicht verteufeln, wohl aber mal kritisch in Frage stellen: Welche Technik dient wirklich unserem Wohl und welche ist einfach nur unnütz und bewirkt das genaue Gegenteil? Fortschritt ist gut – aber bitte mit Sinn und Ziel!

Second Hand(y)

Der Second Hand Markt boomt auch bei den Smartphones. Sinn macht es zwar wenig, dass es inzwischen mehr Handys als Menschen auf der Welt gibt, wohl bemerkt noch sehr ungleich verteilt, aber vielleicht stabilisiert sich der Markt bei uns zumindest in naher Zukunft, anstatt immer mehr neue Handys auf den Markt zu werfen, die keiner mehr braucht und die trotzdem leider (noch) alle verkauft werden. Doch während der florierende Gebrauchthandel immer noch auf die Überflussgesellschaft und Klassenunterschiede setzt, braucht das second Handy, das als Ersatz unnütz in unseren Schubladen liegt nun wirklich niemand mehr.

Was können wir tun?

  • Zunächst einmal sollten wir uns nicht von der Wirtschaft für dumm verkaufen lassen. Ob, wann und welches neue Handy wir brauchen hängt von unseren Bedürfnissen als Nutzer ab und nicht vom Können des neuesten Modells. Überlegt also welche Funktionen ihr wirklich benötigt, denn das nachhaltigste Handy ist immer noch das, das ihr gerade benutzt.
  • Wenn euer Handy doch irgendwann nicht mehr funktioniert, dann gilt es zumindest besser zu kaufen: Während gebrauchte Handys Ressourcen und Geld sparen, versuchen zum Beispiel die Hersteller des Fairphones neue Impulse zu setzen und zeigen, dass es auch besser geht. Wir können auch von unseren Lieblingsherstellern per E-Mail, Anruf oder Brief bessere Produktionsmethoden verlangen – denn die Nachfrage bestimmt das Angebot.
  • Widersteht dem Drang alle zwei Jahre, wenn euer Vertrag ausläuft, ein neues Handy zu nehmen, nur weil es das neueste Modell im Vertrag vermeintlich “kostenlos“ dazu gibt. Vielleicht könnt ihr stattdessen einen Guthabenbonus raushandeln?
  • Holt alle Zweithandys aus den Schubladen zum Verkaufen, Verschenken oder Recyceln um die Ressourcen damit wieder freizugeben.

Was meint ihr, lassen sich Technik und Nachhaltigkeit vereinen?