FRAGEN AN EINEN VEGANER – TEIL 2

Sobald ich erwähne, dass ich seit einigen Jahren vegan lebe, bekomme ich unweigerlich Fragen gestellt. Ob von Freunden und Familie oder von völlig Fremden, bei der Arbeit, daheim oder im Urlaub, eins steht jedenfalls fest: Das Interesse ist riesig.

Ich möchte dazu beitragen, Gedankengänge anzustoßen, Vorurteile abzubauen und die Kluft zwischen “Veganern“ und “Nichtveganern“ zu überbrücken, die, wie ich finde, unnötigerweise entstanden ist.
Natürlich bin ich auch auf eure Meinungen und Erfahrungen gespannt.

Besonders häufige, interessante oder lustige Fragen beantworte ich daher in meiner fortlaufenden Blogreihe.

Fragen an einen Veganer - Teil 2

Ist Massentierhaltung wirklich so schlimm?

Ja! Doch wenn wir Tiere sowieso nur als Nahrungsmittel sehen und nicht als Lebewesen können wir sie dann nicht auch als solche behandeln? 
Es gibt keinen humanen Weg ein Lebewesen zu töten. Auch in der Biolandwirtschaft haben Tiere meist keinen anderen Wert als ihre Wirtschaftlichkeit. Es gibt keine Bioschlachthöfe. Ob Massenhaltung oder bio, die Tiere dürfen nicht einmal einen Bruchteil ihrer Lebenserwartung erreichen. Zweifellos ergeht es manchen Tieren zwar noch miserabler als anderen aber Fleisch, Milch und Eier die ethisch „gut“ sind gibt es einfach nicht. Oder ist es richtiger ein glückliches Tier zu töten?

 

Könntest du ein Lebewesen töten?

Bevor ich vegan wurde, bin ich einmal mit Daniel und seinem Vater zum Fischen auf die Ostsee gefahren. Mir wurde schlagartig klar, dass die Fische die wir zappelnd aus dem Meer zogen Gefühle hatten und mit aller Kraft um ihr Leben kämpften. Als wir unsere Beute abends ausnahmen, säuberten, zubereiteten und aßen, drehte sich mir nach ein paar Bissen ganz schön mein Magen um. Ich konnte nicht mehr weiteressen, als ich die Ereignisse und Bilder des Tages vor meinen Augen Revue passieren ließ. Spätestens an diesem Punkt habe ich gemerkt, dass in mir definitiv kein Jagdtrieb steckt. Jetzt wo ich vegan lebe, hat sich mein Mitgefühl für andere Lebewesen noch mehr ausgeprägt. Ich möchte keinem meiner Mitgeschöpfe Schaden zufügen, wenn ich eine andere Wahl habe. Ich will nicht grundlos ein Lebewesen töten. 
Jeder sollte die Verbindung zwischen dem “Produkt“ auf seinem Teller und dem lebenden Geschöpf herstellen. Durch die anonymen Verpackungen im Supermarkt wird das verhindert –  mit Absicht! Wer schon bei Tierhaltungsvideos und Schlachtszenen wegschauen muss, sollte sich keine Packung Tier aus dem Regal nehmen!

 

Sind Veganer die besseren Menschen?

Diese Frage wurde mir in den letzten Tagen gleich zweimal gestellt und somit muss meine spontane Antwort natürlich „Ja“ lauten, hehe. Nein, wenn es darum geht möglichst nachhaltig zu leben und möglichst viel Leid auf der Welt zu vermeiden, ist ein veganer Lebensstil sicher ein Schritt in die richtige Richtung – aber natürlich bei weitem nicht der einzige.
Gut am Veganismus ist natürlich, dass ich mich täglich gleich mehrmals für eine bessere Welt einsetzen kann. Schwer ist es aber vor allem deshalb, weil sich viele Mitmenschen von meiner Wahl sofort in ihrer eigenen Verhaltensweise angegriffen fühlen, da ich sozusagen ablehne was sie tun. Das hängt eigentlich viel mehr von ihrer eigenen und von der kollektiven Wahrnehmung von richtig und falsch in unserer Gesellschaft ab. Nachhaltigkeit ist ein Thema das jeden etwas angeht. Wer versucht weniger Auto zu fahren, kürzer zu duschen, bio Lebensmittel zu kaufen, Strom zu sparen, keinen Müll zu produzieren, anderen Menschen zu helfen und das Beste für sein Haustier will, sollte konsequenter Weise auch beim täglichen Essen seine Wahl überdenken. Hier gilt nämlich nicht das Entweder-Oder-Prinzip, sondern alle Teilbereiche wirken zusammen. Nur weil jemand vegan lebt darf er nicht gedankenlos Strom verschwenden. Und nur weil jemand in anderen Teilbereichen schon recht nachhaltig lebt, rechtfertigt das nicht seinen Konsum von Tier“produkten“.

 

Warum ist es so schwer vegan zu leben?

Zunächst einmal finde ich es überhaupt nicht schwer vegan zu leben. Ich glaube, es ist einerseits eines der hartnäckigsten Klischees über den veganen Lebensstil, andererseits kommt es sehr auf deine bisherigen Gewohnheiten an. Kochst du viel daheim oder isst du auswärts? Bist du gewohnt Gemüse als Beilage zu haben oder macht es einen Großteil deines Speiseplans aus? Probierst du gerne neue Sachen? Nimmst du leicht zu oder ab? Wie gesund und was isst dein Umfeld?
Die Umstellungsphase ist das eigentlich schwierige, weil du Einiges neu lernen musst. Danach wird dein veganes Leben zum ganz normalen Alltag. Mit simplen Starttipps kann jeder anfangen vegan zu leben und kann erfolgreich vegan bleiben.

Meine Faustregeln

  • Veganes Essen ist kein Verzicht sondern eine Bereicherung! Es gibt so viele Nahrungsmittel dass es wirklich traurig ist sich auf Fleisch, Milch und Eier zu beschränken. Konzentriere dich auf all die Sachen, die du isst, anstatt auf die Sachen, die du nicht mehr isst.
  • Fange mit einfachen, dir schon bekannten veganen Gerichten an und lasse die Finger von Ersatzprodukten und stark verarbeiteten Lebensmitteln
  • Lerne mehr über den veganen Lebensstil und gehe immer kritisch mit neuen Informationen um

 

Ist Bier vegan? Und was ist mit Wein?

Ja, Bier ist vegan, zum Glück. Wo wir auch wieder bei dem Thema wären, dass nicht alles was vegan ist auch gleichzeitig gesund sein muss.
Wein, wie auch Saft und Essig, ist leider nicht immer vegan da er oft mit Gelatine geklärt wird. Dieses Verfahren geht schneller als das aufwändigere, mechanische Filtern. Als ich von Gelatine im Wein/Saft/Essig hörte war ich geschockt: Wieder so ein unnötiger Blödsinn den sich profitgierige Menschen ausgedacht haben und von denen kaum jemand weiß. Ungefilterter, naturtrüber Wein, Saft und Essig ist immer vegan. Ein sachkundiger Weinverkäufer bzw. Kellner sollte wissen wie der Wein gefiltert wurde. Manchmal ist es jedoch nahezu unmöglich solche Dinge herauszufinden, also liegt es einfach an euch eure persönliche Entscheidung zu treffen.

 

Muss ich als Veganer Vitamin B12 nehmen?

Spoiler-Alert! Genauso viele Nichtveganer leiden unter Vitamin B12 Mangel wie Veganer, es wird nur nicht so oft beim Arzt getestet und öffentlich darauf aufmerksam gemacht. An sich brauchen wir Menschen in unserem Leben etwa so viel Vitamin B12 wie eine viertel Aspirintablette. Die DGE empfielt für Erwachsene täglich 0.003 Milligramm. Eigentlich lächerlich, wieso also diese Aufregung?
Unser Körper nimmt B12 nur schwer auf, weshalb größere Mengen zugeführt werden müssen.
Die B12 bildenden Bakterien leben in der Erde und befinden sich somit auf echtem Gemüse wie Karotten und Co, das auf oder in der Erde wachsen durfte und nicht übermäßig abgewaschen wurde. Auf diesem Weg nehmen normalerweise auch Tiere B12 auf (sie essen z.B. Gras direkt von der Erde). Nutztieren wird B12 im Futter oder über Spritzen zugeführt. Tierische „Produkte“ sind daher keine B12 Quelle an sich, sondern nur ein Umweg, zumal bei der schweren Verdaulichkeit von Tierprodukten die B12 Aufnahme des menschlichen Körpers noch zusätzlich blockiert werden kann.
Da ich keine mit B12 angereicherten Lebensmittel esse und mich nicht auf die B12 Zufuhr durch abgewaschenes, transportiertes Gemüse verlassen will, nehme ich B12 Tabletten. Leider sind die Tabletten in einem recycelbaren Plastikspender und ich kann sie nicht lose in der Apotheke abfüllen. Der Spender ist klein und hält lange und ist somit die beste Lösung, die ich bisher finden konnte.
Wer einen eigenen Garten hat und frisches Gemüse erntet, oder ein paar mal im Monat einen Löffel Walderde naschen möchte, kann sich auch so behelfen. B12 ist wasserlöslich weshalb ihr euch über eine etwaige Überdosierung keine Sorgen machen müsst, denn das überschüssige B12 wird vom Körper einfach wieder ausgeschwemmt. Der menschliche Körper besitzt zudem einen Vorratsspeicher an B12, weshalb es einige Monate bis Jahre dauert einen Mangel zu entwickeln wenn die B12 Zufuhr komplett wegfiele.

 

Habt ihr Fragen, Antworten, Anregungen, Geschichten oder ein Thema, das euch besonders interessiert?  Hinterlasst einfach einen Kommentar oder schickt mir eine E-Mail über das Kontaktformular.

 

Hier geht’s zu Teil 1:
Warum keine Eier?
Aus Eiern kann theoretisch ja noch Leben entstehen, aber warum keine Milch?
Warum trinkst du dann Alkohol wenn du weißt, dass er schlecht für dich ist?
100% vegan, geht das überhaupt?
Warum trägst du als Veganer Lederschuhe?
Würdest du Fleisch essen bevor du verhungerst?