NACHHALTIG URLAUB MACHEN – WIE DAS BEI UNS KLAPPT

Selten erleben wir Reiseziele mit Herz und Verstand, sehen mit den Augen statt mit der Kamera.

Als Kind habe ich einmal im Jahr mit meinen Eltern einen großen Jahresurlaub gemacht: Zwei Wochen Norditalien! Oder wir waren im Bayerischen Wald oder im Allgäu. Einmal waren wir sogar in der Türkei und zweimal auf Menorca! Fliegen war teuer und für uns alle das Nonplusultra. In 14 Jahren sind wir insgesamt drei mal geflogen. Bei der Landung wurde selbstverständlich geklatscht. Für die Reise hatte ich eine Kamera mit einem 24er Filmstreifen und habe nur dann Bilder geschossen, wenn ich etwas unbedingt festhalten wollte. Die Tage, bevor es in den Urlaub ging, waren wir alle jedes mal ganz aufgeregt.

 

Weiter, exotischer, spektakulärer?

Heutzutage machen viele von uns öfter im Jahr Urlaubsreisen, fahren oder fliegen wesentlich weiter weg – manchmal nur für ein verlängertes Wochenende. Unsere Ansprüche und Erwartungen haben sich über die letzten Jahre drastisch geändert. 

Weil wir immer wieder etwas Neues sehen wollen und inzwischen schon so viel erlebt und erzählt bekommen haben, sind wir immer schwerer zu beeindrucken. Zudem lassen wir uns von den Urlaubsfotos und den Erwartungen von Freunden und Familie mitreißen.

Urlaubsreisen sind Statussymbol und doch billiger denn je. Wir reisen nach dem “Warum-nicht-Prinzip” und bemerken den Wertverfall nicht einmal.

Unser Urlaubsverhalten ist nicht gut für die Umwelt und meist auch nicht für die Menschen vor Ort. Hinzu kommt, dass immer mehr Menschen aus anderen Ländern inzwischen auch immer öfter und immer weitere Urlaubsreisen unternehmen. 

Der CO2 Ausstoß steigt rasant. Ein Langstreckenflug von Deutschland nach New York und zurück setzt mehr CO2 frei als wir im gesamten Jahr pro Person als Kontingent zur Verfügung haben.

Wie wir unseren Urlaub möglichst nachhaltig gestalten und wie das dieses Jahr bei unserem Urlaub in Meran geklappt hat, lest ihr hier.

Achtsamkeit und Nachhaltigkeit im Urlaub

 

Unser Urlaub 2019 in Meran

In den letzten drei Jahren haben wir unsere Reiseziele sehr überschaulich gehalten und dennoch reizvolle Sachen ausprobiert, wie einen Urlaub im Bauwagen an der Ostsee. Wir wollten Anfahrt, Stress und Umweltbelastung auf ein Minimum reduzieren. Auch der Sohnemann sollte etwas vom Urlaub haben und sich nicht nach einem Sightseeing Plan richten müssen.

Dieses Jahr packten wir unseren Koffer für Palmen und ein wenig mediterranes Flair, ohne eine weite Strecke zurückzulegen. Wir verbrachten Ende Mai 15 Tage in Meran, um unseren Sommer schon ein wenig früher zu beginnen. Die 6,5 stündige Fahrt mit dem Zug klappte problemlos.  

Unsere Unterkunft war eine von vier Ferienwohnungen der “Living Apartments Morgenstern”. Die Gastgeberfamilie wohnte unten im Haus. Es gab einen großen Garten mit Trampolin, Sandkasten, Liegestühlen, Picknicktisch und gute Ausflugstipps und Hilfe von unseren herzlichen Gastgebern. Auch ein Bobbycar für Lars wurde rausgekramt. 

Trampolinspringen

 

Am ersten Urlaubstag regnete es. Außerdem mussten wir Einkaufen gehen. Wir zogen zwar mit Stoffbeuteln und ein paar Dosen bewaffnet los, konnten jedoch im lokalen Supermarkt nicht viele Bioartikel und noch weniger unverpackte Ware finden. Wir machten das Beste draus indem wir nur das Nötigste kauften und versuchten Lars zu erklären, dass die bunten Verpackungen kein ausschlaggebendes Kaufargument sind. So viel Recyclingmüll haben wir jedenfalls schon lang nicht mehr produziert. Auch beim Bäcker wurden wir verständnislos angeschaut, unser Sandwich Toast dann aber doch noch in unseren Stoffbeutel gepackt. In den nächsten Tagen kannte man uns schon und es klappte problemlos. Gerade mit Kind fehlte uns einfach die Zeit uns auf die neue Umgebung vorzubereiten, Läden zu finden und uns nach den Öffnungszeiten mit langer Mittagspause zu richten. Abends gingen wir zum Trost Pizza essen und den zweiten Regentag verbrachten wir in der Therme.

Am Tag darauf erkundeten wir zu Fuß das Städtchen, aßen Eis, fanden den lokalen Wochenmarkt und kauften ein bisschen loses bio Obst und Gemüse, machten Pause an diversen Spielplätzen und kochten abends gemeinsam. 

Sohn und Mama schauen aus der Spielplatzburg Sohn und Papa schaukeln

 

Langsam kamen wir in unserer Urlaubsumgebung an und entdeckten in der ersten Woche einen lokalen Bioladen mit vielen regionalen Produkten nur ein paar Straßen von unserer Unterkunft entfernt. Er stand weder im Internet noch kannte unser Gastgeber den Laden und so waren wir froh, dass wir dort zufällig reingestolpert sind. 

Wir wanderten den Tappeiner Weg, erkundeten Dorf Tirol und den wunderschönen Spielplatz für Klein und Groß im Burglehenpark, verbrachten zwei Tage in den Gärten von Schloss Trauttmannsdorf, legten uns an den weißen Sandstrand mitten in den Bergen und machten einen abenteuerlichen Ausflug zum partschinser Wasserfall, wo schon allein die Anreise besser war als jede Achterbahnfahrt. Unsere Urlaubstage verbrachten wir je nach Laune und Wetterlage, entspannten viel, genossen die Zeit zu dritt, reisten langsam und bewusst, drehten mit Lars Steine auf Schotterwegen um, gingen auf einem Weingut schick Abendessen, bewegten uns täglich einige Kilometer an der frischen Luft und verbrachten den Urlaub mit Genuss und ohne festes Programm. Wir  fühlten uns sogar ein kleines bisschen zuhause dort denn wir hatten Zeit Lieblingsorte mehrmals aufzusuchen, machten Bekanntschaften auf Spielplätzen und erlebten viele kleine Microadventures einfach nur deshalb, weil wir uns auf sie einließen.

Frau liegt am Sandstrand in den Bergen Sohn bestaunt Wasserfall nachhaltig Urlaub machen und viel Bewegung an der frischen Luft Mama und Sohn essen Schüttelbrot an der Weinbar

 


Meine 8 Tipps um nachhaltig Urlaub zu machen

Nehmt eure grüne Denkweise von Zuhause mit! Ich finde es spannend zu versuchen, die nachhaltigen Alltagsgewohnheiten auch im Urlaub umzusetzen. Das führt oft zu sehr interessanten Gesprächen und zu mehr Verständnis füreinander und für unsere gemeinsame Umwelt.

  • Macht lieber länger an einem Ort Urlaub als mehrere Kurztrips. Reist nicht so oft, dass es in Stress endet und dass ihr am Ende gar nicht mehr wisst wo ihr überhaupt alles wart. Macht Erinnerungen, keine Fotos! An verlängerten Wochenenden lässt sich auch prima die eigene Region erkunden, Freunde besuchen oder Zuhause entspannen. Am besten ihr beginnt eine Ideenliste was ihr alles schon lange mal in eurer Umgebung machen wolltet. Dann ist es verlockend daraus eine gemeinsame Auswahl für einen oder mehrere freie Tage zu treffen. 
  • Macht euch Gedanken darüber wo ihr überhaupt hin wollt und was ihr von eurer Urlaubsreise erwartet: Entspannung am Strand, Bewegung an der frischen Luft, Museumsbesuche & Denkmäler bestaunen, Kultur und Sightseeing, Party, Zeit mit der Familie verbringen..?  Überlegt wo ihr das finden könnt und wie weit ihr dafür weg müsst. Sicher lassen sich die Pyramiden nur in Ägypten bestaunen aber einen Strandurlaub findet ihr auch schon näher und braucht dafür nicht fliegen. Eure Entscheidung beeinflusst zum Beispiel auch zu welcher Jahreszeit euer Urlaub sinnvoll ist denn im Sommer kann man sich in Deutschland auch gut in die Sonne legen.
  • Minimalistisches Gepäck macht das Reisen leichter für einen selbst und für die Umwelt. Wir packen z.B. ein Stück Olivenölseife ein, das wir zum Duschen, Haare waschen, Rasieren und manchmal auch zum Geschirrspülen oder zur Handwäsche eines Kleidungsstücks verwenden.
  • Ein offensichtlicher Tipp: Weniger fliegen! Die meisten von uns wollen dann aber doch nicht ganz darauf verzichten. Es wäre schon hilfreich, wenn sich der Flugverkehr mehr stabilisiert, anstatt so rasant zu steigen. Stellt für euch eine Regel auf wie oft ihr fliegt. Zum Beispiel: macht 1 Jahr in eurem eigenen Land Urlaub, im Jahr drauf im gut erreichbaren Ausland (mit Bahn, Bus oder Auto) und im anschließenden Jahr weltweit. So fliegt ihr nur einmal in 3 Jahren.
  • Für günstige Zugtickets früh buchen und An- und Abreisetag flexibel ausprobieren um Ticketpreise zu vergleichen. Eine Probebahncard kann sich lohnen. Bucht möglichst außerhalb Feiertagen. Ich finde gerade mit kleinen Kindern gibt es keine entspanntere Alternative als Strecken mit der Bahn zurückzulegen. 
  • Versucht so wenig Müll wie möglich zu produzieren, vielleicht sogar als gemeinsame Urlaubs-Challenge. Dazu ein paar Stoffbeutel, Wasserflasche, Brotdose und Besteckset für unterwegs mitnehmen. Das spart nicht nur Müll sondern auch Geld, Zeit und Ressourcen.
  • Denke global esse lokal: Geht in die einheimischen Restaurants vor Ort und kauft in den ortsansässigen Läden oder auf Märkten ein: Dort entdeckt man sowieso die besten Früchte, Gemüsesorten und andere Speisen des Landes
  • Lernt Land und Leute kennen anstatt eine Sightseeing Liste abzuarbeiten. Achtet die Kultur der Menschen vor Ort und verschwendet nicht unnötig Ressourcen bei eurem Wasser- und Stromverbrauch. Jeder Urlauber sollte seinen Reiseort so behandeln, wie er es sich von anderen wünscht, die in seiner Heimat Urlaub machen.

Wie sechs weitere BloggerInnen nachhaltig Urlaub machen könnt ihr im gesammelten Blogartikel von Alexandra auf Hof Eulengrund nachlesen.


 

Urlaub ist Luxus und kein Grundbedürfnis

Urlaubsreisen sind nicht verpflichtend, nicht notwendig, längst keine Normalität für jeden und nichts, das wir uns verdient haben – sie sind purer Luxus! Wirklich nachhaltigen Urlaub gibt es nicht. Denn immer legen wir extra Strecken zurück, brauchen Equipment und eine Unterkunft, während unser Wohnraum Zuhause leer steht. 

Meist versuchen wir im Urlaub Dinge auszugleichen, die in unserer Alltagsroutine abhanden gekommen: Entspannung, neue Inspiration, aufregende Erlebnisse, Partyabende, Kommunikation mit anderen, eine neue Perspektive, Bewegung und Genuss. Diese Dinge lassen sich aber auch in den Alltag integrieren. Jeden Tag ein bisschen Urlaub ist sinnvoller für unsere körperliche und geistige Verfassung, als ein paar Reisen im Jahr. Oft sind die Urlaubserlebnisse nicht so viel anders als wenn wir uns darauf einlassen unsere eigene Umgebung bewusst zu erkunden oder zumindest nicht so weit wegzufahren.

Nachhaltig Urlaub machen als Familie

 

Urlaub sollte keine finanzielle, logistische und ökologische Herausforderung sein, um sich und anderen etwas zu beweisen. Könnt ihr euch vorstellen ohne Handy und Kamera in den Urlaub zu fahren und eure Erinnerungen einfach “nur” im Gedächtnis zu speichern? Würdet ihr euch später trotzdem noch an diesen Urlaub erinnern? Letztes Jahr ging im Urlaub mein Handy kaputt und ich muss sagen, bis auf einzelne Momente habe ich es nicht einmal vermisst. Es ist wichtig, dass wir Urlaub für uns selbst machen – nicht für andere, nicht um Sehenswürdigkeiten abzuhaken und nicht für das perfekte Urlaubsfoto!

Unser Wertschätzungskontingent ist endlich! Mehrere Urlaubsreisen im Jahr – gegenüber einer Reise die wirkliche Erinnerungen schafft – übersteigen unsere Kapazität an Achtsamkeit und geraten schnell in Vergessenheit. 

 

Was sind eure Tipps um nachhaltig Urlaub zu machen? Wie haben sich eure Urlaubsreisen verändert, seit ihr Kinder wart?

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